»Das Einfachste wäre, ohne jede Bedeutung zu verschwinden von der Landkarte der vermeintlich "Bedeutenden" und das Feld wieder einmal den Reichen, Mächtigen und Großmäulern zu überlassen, weil dann die ganzen Mitverdiener, Erben und Epigonen leer ausgehen und eine größere Chance hätten, sich auf sich selbst zu besinnen, auf ihren eigenen Wert und Wandel. Was macht schon den Unterschied zwischen zwei, zwanzig oder zwei Millionen Jahren des Nachlebens? Es ist ja stets alles nur für die Anderen da, und ich bin dankbar, das Gewäsch, mit dem sie sich rechtfertigen, nicht mitanhören zu müssen. Da sind mir doch jene Künstler lieber, die hoch oben in den Kathedralen (wie der zu Köln) ihren Schmuck namenlos auslebten, wo ihn kein Sterblicher sehen kann, und vor ihnen ziehe ich den Hut viel lieber als vor Herrn Stockhausen mit seinen Hubschraubern und seinem zeitgenössischen Opern-Quatsch und Getue und Gehabe, mag er ein so guter Komponist gewesen sein, wie er will. Irgendwann ist es ja selbst mit Mozart vorbei und mit Beethoven, und wie man ihren Namen einst ein erstes Mal aussprach, wird man in grauer Zukunft ein letztes Mal ihren Namen ausgesprochen haben, nachdem man sich mühsam an den Namen zu erinnern versuchte, der sich schon längst nicht mehr mit Werken verband. Danach ist dann Schweigen für den Rest der Zeit. In diesem Zusammenhang fällt mir das Zitat eines der Beatles aus den 1960er Jahren ein, dass er zur Musik Beethovens nichts sagen könne; aber seine Bilder seien recht schön.«

Herbert Henck, 22. Januar 2012

Quelle: Private E-Mail-Korrespondenz mit Robert Saleh

 

 

»Vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich möglicher Erinnerungen von Herbert Henck, der seit Jahren zurückgezogen in einem Pflegeheim lebt und sich von der offiziellen Bühne des Sicht- und Greifbaren verabschiedet hat, während sich seine Seele gewissermaßen "zwischen den Welten" bewegt, so dass Kommunikation nur noch auf nonverbalem Wege möglich ist.«

Jutta Riedel-Henck, 13.2.2024

Quelle: Antwort-Mail infolge einer Anfrage an Herbert Henck

 

 

Wege aus der künstlichen Matrix

Das Klangspektrum des Universums kann kein Mensch in seiner Gesamtheit erfassen.

In jedem Teil schwingt das Ganze. Es spielt keine Rolle, ob ich eine Symphonie, ein Kinderlied oder Motorengeräusche eines vorbeifahrenden Treckers höre. In jedem Ton schwingt alles, nur der Fokus unserer sinnlichen Wahrnehmung gaukelt uns die Isolation einzelner Wellen vor.

Musiker, die gezielt mit Tönen und Klängen arbeiten, folgen einer Intention, die gleich einem Filter ausblendet, was den absichtsvollen Gedanken im Weg steht.

Alles Messbare ist Ergebnis voreingenommener, eingestellter Instrumentarien. Gedanken bestimmen das Hörerlebnis, den „Musikgeschmack“.

Menschen, die als dement gelten, lösen sich aus der Zwickmühle sinnlich fokussierter Wahrnehmung. Im Stadium der Entgrenzung eingeübter Denkstrukturen erfährt die Dichte subjektiver Filter eine Ausweitung ihrer bis zum Übergang ins Feinstoffliche verfilzten Beschaffenheit.

Jutta Riedel-Henck, 21. März 2024

 

aus: Die Liebe ist bedingungslos ... alles andere ist Täuschung. 6. August 2023 - ...